Verkehrspolitiker Martin Candinas (Die Mitte): «Im Nachhinein gibt es überall Besserwisser» (Abo)

Martin Candinas sitzt in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Bild: Benjamin Hofer

Nationalrat Martin Candinas (Die Mitte) ist einer der profiliertesten Verkehrspolitiker der Schweiz und präsidiert den Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr (Litra). Im Interview verrät er, warum der ÖV länger fahren sollte und welche Projekte es in den Ausbauschritt 2045 schaffen dürften.

von Stefan Ehrbar
21. Juli 2021

Herr Candinas, der Bund will mit Bahn 2050 den Anteil des ÖV verdoppeln. Wie kann das Ziel erreicht werden?
Das Ziel einer Verdoppelung ist ambitioniert. Es kann nicht mit einer einzigen, sondern nur mit einem breiten Bündel von Massnahmen erreicht werden. So besteht beispielsweise im Freizeitverkehr im Inland und im internationalen Personenverkehr ein beträchtliches Potenzial. Zudem braucht es eine zeitliche Ausdehnung des öV-Angebots. Denn wenn wir uns immer mehr Richtung 24-Stunden-Gesellschaft entwickeln, so muss das öV-Angebot entsprechend angepasst werden.


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Und sonst?
Ein weiterer Punkt ist die Koordination zwischen Raum- und Verkehrsplanung. Grosse Überbauungen, Freizeitanlagen und Einkaufszentren müssen an eine gute öV-Erreichbarkeit gekoppelt werden. Auch bessere Umsteigebeziehungen bei Bahnhöfen sind nötig. Gerade im ländlichen Raum braucht es passende Verkehrsdrehscheiben, da die letzte Meile vielfach mit dem Privatauto erfolgt. Der Zeitpunkt für eine Weiterentwicklung und nachhaltige und langfristige Stärkung des einmaligen öV-Systems Schweiz ist jetzt sicher ideal.

In der «NZZ am Sonntag» haben Sie etwa neue Buslinien auf Abruf und den Ausbau der letzten Meile vorgeschlagen. Reichen solche Massnahmen aus, um den öV-Anteil merkbar zu steigern?
Verschiedene Puzzle-Teile ergeben ein grosses Ganzes. So reichen neue Buslinien auf Abruf und den Ausbau der letzten Meile nicht aus, um den Anteil merkbar zu steigern. Aber es braucht auch diesen Puzzle-Teil, wenn wir die Attraktivität des öV auch im Freizeitverkehr erhöhen wollen. Es fährt nämlich niemand mit dem öV, wenn die letzte Meile fehlt. Aus Sicht des Berggebietes und des nachhaltigen Tourismus sind solche Massnahmen wichtig.


 

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